
19/06/2025 0 Kommentare
Einladung zum Optimismus
Einladung zum Optimismus
# Wort zum Sonntag

Einladung zum Optimismus
„Optimismus ist Pflicht“, schrieb der Philosoph Karl Popper in seinem Buch Alles Leben ist Problem lösen. Der Dramatiker Heiner Müller meinte hingegen, Optimismus sei nur ein Mangel an Information.
Aus dem Spannungsfeld dieser beiden Aussagen entstand eine Vortragsreihe der Uni Konstanz, die im Wintersemester 2023/24 mit dem erweiterten Titel Eine Welt zwischen Hoffen und Bangen stattfand. Die Vortragsreihe war nicht rein philosophisch angelegt, sondern wand sich der Thematik auch aus wissenschaftlicher, technischer, literarischer, kultureller und künstlerischer Sicht und anhand von Ereignissen und Persönlichkeiten zu. Interessiert und vor allem ertappt bei dem Gedanken, dass es viele Tage in meinem Leben gibt, in denen mir das Aufzählen dessen, was gerade nicht gelingt, deutlich näher lag als eine von Optimismus geprägte Sichtweise, bestellte ich mir den Reader zur Vortragsreihe und „verfolgte“ so die Semesterveranstaltung.
Fast ein Jahr später rücken gerade in den vergangenen Wochen und Monaten die weltpolitischen Bedrohungen und damit einhergehenden Ängste immer näher und es geht dabei um weit mehr als den Ärger des nicht ausreichend schnellen Internets oder die Preiserhöhungen der Bundesbahn, sondern um Herausforderungen, Unsicherheiten und erschreckende Nachrichten, die optimistisch zu bleiben zu einer ganz besonderen Aufgabe machen. Gerade in solchen Zeiten versuche ich mir Mut bzw. bewusst zu machen, dass Optimismus keine bloße Einstellung ist, sondern auch eine Pflicht, die wir uns selbst und anderen gegenüber haben.
Optimismus bedeutet aber mitnichten das Negieren und Leugnen von Krisen, Furcht und Angst, den bewusst oder unbewusst erzeugten Mangel an Informationen, sondern inkludiert eben diese Aspekte und entscheidet dann und trotzdem ganz bewusst für die Zuversicht - für zuversichtliches Denken und Handeln. Es geht darum, die positiven Aspekte zu sehen, Hoffnung zu bewahren und an die Möglichkeit von Veränderungen zu glauben. Diese Haltung kann ansteckend sein und dazu beitragen, Lösungen zu finden, anstatt in Problemen zu verharren. Optimismus kann unserem Umfeld Mut machen und in schwierigen Situationen können unsere positive Einstellung und unser Glaube an eine bessere Zukunft Hoffnung schenken. Gerade in Gemeinschaften, Familien oder am Arbeitsplatz erweist sich Optimismus nicht selten als Strategie, die eine Situation oder ein System verändert, das Umfeld aufmuntert, um gemeinsam einen Weg aus der Krise zu finden.
Natürlich ist es nicht immer einfach, optimistisch zu bleiben. Doch die bewusste Entscheidung, das Gute zu sehen und an das Positive zu glauben, kann eine Kraftquelle sein, die uns durch schwere Zeiten trägt. Es ist eine Haltung, die uns dazu ermutigt, aktiv an einer besseren Welt mitzuwirken – im Kleinen wie im Großen.
Die Pflicht, ein Optimist zu sein, ist also eine Einladung, Verantwortung für unsere Einstellung zu übernehmen und durch unsere positive Haltung das Leben und das Umfeld um uns herum zu bereichern.
Svenia Bormuth, Evangelische Kirchengemeinde Hochheim
Kommentare